Am Donnerstag, den 13.11.2025, fand im Vereinsheim Schandelah die Informationsveranstaltung „Windkrafträder vor unserer Tür? Was bedeutet das für unsere Dörfer, unsere Landschaft und unser Zuhause?“ der überparteilichen Bürgerinitiative Transparenz für Schandelah statt.
Der Abend war eine von Bürgerinnen und Bürgern initiierte Veranstaltung, um vor der anstehenden Grundsatzentscheidung der Gemeinde (TOP 9 der PUK-Sitzung vom 28.08.2025, VO XI/376) über den aktuellen Planungsstand und mögliche Auswirkungen zu informieren.
Zentrales Anliegen der Initiatoren war es, Transparenz herzustellen, damit den Bürgerinnen und Bürgern vor so einer politischen Entscheidung Informationen vorliegen und unterschiedliche Interessen fair und im Sinne des Gemeinwohls abgewogen werden können. Dieses Anliegen im Sinne der Transparenz und des gemeinschaftlichen Miteinanders wurde zur Einordnung der Veranstaltung mehrfach betont. Ebenso wie die Tatsache, dass die Bürgerinitiative Windkraft nicht grundsätzlich ablehnt, sondern dort unterstützt, wo sie sinnvoll und verträglich ist.
Über 130 Bürgerinnen und Bürger besuchten die Veranstaltung, darunter Vertreterinnen und Vertreter von SPD, CDU, DieBasis und den Grünen. Aufgrund des hohen Interesses musste auch der Außenbereich des Vereinsheims genutzt werden.
Einblick in das Gebiet des Kirschbergs
Zum Einstieg führte eine fotografische Erkundungstour in das Gebiet des Kirschbergs zwischen Schandelah und Schandelah-Wohld, welches für mögliche Windkraftanlagen im Gespräch ist. Dabei wurde die landschaftliche Qualität deutlich, die viele Menschen als Erholungs- und Rückzugsraum nutzen.
Besondere Beachtung fand der Geopunkt Jurameer, Teil des Geoparks Harz–Braunschweiger Land Ostfalen und betrieben in Kooperation zwischen der Dr.-Scheller-Stiftung und der Gemeinde Cremlingen. Der Bereich ist ein wichtiger Ort regionaler Umweltbildung und paläontologischer Forschung.
Vortrag von Karl-Friedrich Weber (ehem. Vorstandsmitglied BUND-Niedersachsen, Präsident Stiftung Naturlandschaft): Naturraum Wohld
Karl-Friedrich Weber stellte anhand zahlreicher Fotografien die Besonderheiten des Wohlds dar. Die Kombination aus Vegetation (u. a. Pfeifengraswiesen), Artenvielfalt (z. B. Wildkatze, Rotmilan) und historisch bedeutsamen Landschaftsstrukturen mache das Gebiet ökologisch wertvoll.
Er erinnerte daran, dass der Geopunkt Jurameer aufgrund außergewöhnlicher Funde international bekannt ist und Forschungsteams aus aller Welt anzieht. Auch bestehende Belastungen, z. B. durch die Autobahn, wurden eingeordnet.
Mit einem Einstein-Zitat („Wir können unsere Probleme nicht mit den gleichen Denkweisen lösen, die wir benutzt haben, um sie zu erschaffen“) regte Weber zu einem zukunftsweisenden, ganzheitlichen Umgang mit der Energiewende auf kommunaler Ebene an.
Vortrag von Thomas Lang (unabhängiger Experte für Energiepolitik): Technische und wirtschaftliche Einordnung von Windenergie
Thomas Lang, der sich überparteilich mit Fragen der Energienutzung befasst, erläuterte auf Grundlage öffentlich zugänglicher Daten die technischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen der Windenergie.
In der Region zwischen Ahlum, Apelnstedt und Dettum sind bereits 19 Windenergieanlagen in Betrieb, acht weitere befinden sich in Planung. Laut Marktstammdatenregister (BNetzA) sind im Landkreis Wolfenbüttel rund 361 MW Windleistung installiert, weitere 192 MW befinden sich im Genehmigungsverfahren.
Aus öffentlich verfügbaren Verbrauchsdaten lässt sich ein durchschnittlicher Strombedarf von rund 81 MWh pro Stunde (≈ 708 GWh/Jahr) für den Landkreis ableiten. Bereits heute wird regional mehr Strom erzeugt als verbraucht – ein Muster, das sich auch in den Kreisen Peine, Helmstedt und Gifhorn wiederfindet.
Lang erläuterte, dass fehlende Hoch- und Höchstspannungsleitungen zu wachsenden Netzengpässen führen. Deutschlandweit stehen lediglich rund 24 GWh Pumpspeicher und etwa 22 GWh Batteriespeicher zur Verfügung. Diese Kapazitäten reichen nicht aus, um größere Erzeugungsspitzen über längere Zeiträume aufzunehmen.
Auf Basis früher veröffentlichter Kostenentwicklungen wies Lang darauf hin, dass bei Fortschreibung dieser Trends für 2024/25 Gesamtkosten für Redispatch, Abregelungs- und Ausgleichsmaßnahmen – also Einspeisebegrenzungen bei Netzengpässen – sowie Zahlungen ans benachbarte Ausland von mehreren Mrd. € bereits angefallen sind. Er betonte ausdrücklich, dass es sich hierbei um eine Hochrechnung handelt und nicht um eine amtliche Statistik; für 2024 liegen bislang nur vorläufige Daten vor.
Zum rechtlichen Rahmen führte er aus:
Das WindBG/NWindG fordert 2 % Landesfläche für Windenergie bis 2032.
Das EEG sieht bis 2040 eine bundesweite Gesamtleistung von 160 GW Windenergie vor – etwa 23.000 Anlagen mit durchschnittlich rund 7 MW.
Lang vertrat die Einschätzung, dass Niedersachsen diese Ausbauziele bereits weitgehend erfüllt und ein zusätzlicher Zubau ohne parallelen Infrastrukturausbau vor allem zu vermehrten Netzeingriffen führen würde. Vorrangig sei deshalb die technische Weiterentwicklung bestehender Anlagen und Strukturen, insbesondere durch:
• Repowering älterer Anlagen,
• den bedarfsgerechten Ausbau der Stromnetze,
• moderne Speichertechnologien,
• sowie Forschung und Innovation.
Ohne diese Voraussetzungen würden zusätzliche Anlagen bestehende Engpässe weiter verstärken.
Auf Wunsch der Besucherinnen und Besucher ging Lang abschließend auf die Akzeptanzabgabe ein. Er erläuterte, dass diese zwar zusätzliche Einnahmen für die Gemeinden ermöglichen kann, die Finanzierung jedoch über Netzentgelte und Umlagen letztlich von allen Stromverbrauchern getragen wird.
In diesem Zusammenhang wurde darauf hingewiesen, dass die tatsächliche kommunale Beteiligung im Planungsgebiet häufig deutlich geringer ausfällt als in Brancheninformationen dargestellt. Die oft genannten „bis zu 30.000 € pro Anlage und Jahr“ sind gesetzliche Höchstwerte, deren Erreichen vom tatsächlichen Ertrag abhängt und die zusätzlich zwischen allen Kommunen im 2.500-m-Radius aufgeteilt werden.
Diskussion und Rückmeldungen auch im Nachgang der Veranstaltung
Während der Präsentationen herrschte trotz vieler auch stehender Gäste eine konzentrierte und wertschätzende Atmosphäre. In der Pause und nach den Vorträgen wurde angeregt und sachlich diskutiert. Eine Bildpräsentation lokaler Tierarten (u. a. Rotmilan, Waldohreule, Kernbeißer, Rohrweihe) bot zusätzlichen Gesprächsstoff. Die zahlreichen Fragen während der Fragerunden zeigten den hohen Informationsbedarf der Bürgerinnen und Bürger.
Die meisten Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Abends bewerteten die Veranstaltung positiv.
Die Rückmeldungen, Kommentare und der Austausch im DorfFunk sowie der Leserbrief auf der Plattform Niedersächsische LandNews (Niedersachsens Digitale Dörfer) zu dem Abend zeigen zum einen, wie wichtig eine Einbeziehung der Einwohnerinnen und Einwohner vor einer solchen Entscheidung ist, damit alle Stimmen gehört werden. Sie zeigen aber auch, wie schnell einzelne falsche Tatsachenbehauptungen die Stimmung in der Gemeinde beeinflussen können.
In mehreren Beiträgen wurden nachweislich unzutreffende Angaben über den Ablauf der Veranstaltung und über die Referenten wiedergegeben. Diese Unrichtigkeiten wurden dann von weiteren Diskutierenden aufgegriffen, teils emotional zugespitzt und in politische Zusammenhänge gestellt.
Solche Fehlinformationen können die öffentliche Debatte unnötig polarisieren – ein weiterer Hinweis darauf, wie wichtig frühzeitige, korrekte und transparente Information für die gesamte Gemeinde ist. Nur wenn alle Fakten offenliegen, können Gemeinwohlinteressen sachgerecht berücksichtigt und Partikularinteressen klar erkannt und eingeordnet werden. Ein offener Dialog ist daher Voraussetzung, um tragfähige Entscheidungen im Sinne aller Einwohnerinnen und Einwohner zu treffen.
Bürgerinitiative Transparenz für Schandelah



