Wolfenbüttel. Im zertifizierten Kompetenzzentrum für Hernienchirurgie des Städtischen Klinikums kam jüngst eine innovative OP-Methode zum Einsatz. Diese ermöglicht es auch Patienten mit umfangreichen Bauchwandbrüchen schonend und effektiv zu behandeln. Dies berichtet das Klinikum in einer Pressemitteilung.
Rund 700 Hernienoperationen führt das Team der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Minimal-Invasive Chirurgie am Städtischen Klinikum pro Jahr durch. Unter einer Hernie wird in der Medizin der Durchtritt von Baucheingeweiden durch eine Öffnung in der Bauchwand bezeichnet. Die bekannteste Form der Hernie ist der im Volksmund bekannte „Leistenbruch“. Ein Routineeingriff also. Doch ein Fall Anfang November machte ein besonderes Vorgehen notwendig wie der zentrumsleitende Oberarzt Dr. Gregor Kocowski berichtet: „Wir führten eine komplexe Rekonstruktion der Bauchdecke bei einer Patientin durch, die sich nach zahlreichen, lebensrettenden Operationen mit diversen Komplikationen und einer daraus resultierenden sehr großen Bauchdeckenhernie an unser Klinikum gewandt hatte,“ beschreibt Kocowski die Ausgangslage.
Die Wiederherstellung der Anatomie und Schließung des Bauchraumes gestaltete sich aufgrund des stark zurückgegangenen Bindegewebes (Faszien) und Bauchdeckenmuskulatur extrem schwierig. Das Team griff daher auf die innovative Vorrichtung „Fasciotens“ zur Fasziendehnung zurück. „Mittels Fäden wird Zugkraft auf die seitliche Bauchwand ausgeübt und schonend eine Dehnung erreicht. Wenn dieses Verfahren während der Operation angewendet wird, ist ein direkter, spannungsfreier Faszienverschluss möglich“, erklärt Kocowski.
Eine sonst notwendige, ausgiebige Präparation der Bauchdecke für den Einsatz einer Netzeinlage sei dank des neuartigen Verfahrens nicht erforderlich. Lediglich eine Vorbehandlung mit Botox wenige Wochen vor der OP sei notwendig: „Diese nur von spezialisierten Zentren durchgeführte, sonographisch gesteuerte Injektion dient der Muskelentspannung der Bauchwände und macht es möglich, die verkürzten Muskelanteile zu dehnen“, erörtert der Oberarzt, der die Operation gemeinsam mit Dr. Karsten Täubert, ebenfalls Oberarzt am Städtischen Klinikum, und Dr. Gereon Lill aus Köln durchführte.
Lills Untersuchungen und Erfahrungen bildeten die Grundlage zur Entwicklung der neuen OP-Methode. In ausgewählten Hernienzentren stellt er seine Methode vor und wirkt an Operationen mit – und das weltweit. Das Kompetenzzentrum für Hernienchirurgie gehört zum Kreis der ersten Anwender und wird ab 2026 offizielles Fasciotens Partnerzentrum sein. „Die neue Methode ermöglicht eine schnellere Genesung, ist mit geringeren postoperativen Schmerzen verbunden und auch der Aufenthalt der Patienten bei uns im Haus ist deutlich kürzer als bisher“, zählt Dr. Gregor Kocowski die Vorteile für die Patienten auf.
Die Operation konnte letztlich nach sechs Stunden erfolgreich beendet werden. Bereits sechs Tage nach der OP konnte die Patientin das Klinikum mit einer vollständig rekonstruierten Bauchdecke wieder verlassen.
Bildunterschrift: Am Kompetenzzentrum für Hernienchirurgie des Städtisches Klinikums kam jüngst eine innovative OP-Methode zum Einsatz. Foto: Städtisches Klinikum Wolfenbüttel


