Halbzeit beim Accelerator-Camp in Schöppenstedt, wir stellen zwei Gründungen vor: „ALGAEPLANT“ und „Most Wanted“.
Schöppenstedt. Neue Ideen braucht das Land – immerhin war Deutschland mal Weltmeister bei den Patent-Anmeldungen. Doch in Sachen Kreativität und Gründungsgeist ist es ruhiger geworden, gerade auf dem Land. Diesem Trend stellt sich seit 2020 das Lab4Land entgegen, dessen Accelerator (Beschleuniger) derzeit Halbzeit hat. Vier Wochen lang dürfen vier ausgewählte Gründer-Teams in Schöppenstedt unter einem Dach leben und sich ausschließlich auf ihre Geschäftsidee konzentrieren. Sie werden verpflegt und erhalten Fortbildung in puncto „Soft-Skills“: Präsentation, Rhetorik, Suche nach Fördertöpfen.
Wir stellen an dieser Stelle die Gründerinnen und Gründer vor, die sich jetzt beim „Matching-Abend“ erstmals der Öffentlichkeit und Sponsoren präsentierten. Ihre Ideen sind bunt und vielfältig, die Besucher waren von allen Unternehmungen angetan. Heute geht es um die StartUps „ALGAEPLANT“ und „Most Wanted“.
Bei den Gründungen müssen keineswegs nur weltverändernde Neuerungen im Mittelpunkt stehen – können sie aber, wie das Beispiel von ALGAEPLANT zeigt. Mit dieser Geschäftsidee trat ein Trio aus Braunschweig an, dessen Mastermind Dr. Carsten Reuse ist. Gemeinsam mit den Chemikern Hai Linh Briese und Nicolas Meibohm hat der Biochemiker an der TU Braunschweig zu Mikroalgen geforscht. „Wir haben einen Reaktor entwickelt, in dem wir die Algen kultivieren und auf diese Weise einen Mehrfachnutzen generieren“, erklärte der Wissenschaftler.
Die junge Firma hatte einen solchen Reaktor im Kleinformat mitgebracht. „Die Zellteilungsrate der Alge beträgt etwa zehn Stunden, danach ist sie im Produktionsstatus.“ In der Theorie sind die Möglichkeiten dann vielfältig: „Es geht um Farbpigmente für die Lebensmittel-Industrie und Kosmetika, außerdem können wir auf diesem Wege grünen Wasserstoff gewinnen.“ Das gelang auch mit der kleinen Schau-Anlage auf dem Hof in Schöppenstedt. „Natürlich kommt hier nur eine bessere Knallgasprobe heraus“, schmunzelte Dr. Reuse.
Vom Accelerator-Camp war er begeistert. „Super-klasse! Hier sind wir mal vier Wochen raus aus dem Tagesgeschäft, haben Ruhe und konzentrieren uns auf unser Projekt.“ Mit der Arbeit an der Universität sei Lab4Land nicht zu vergleichen. „Die Seminare bringen uns konkret weiter und wir treffen auf Leute mit ähnlichen Gründungsproblemen.“ Die Effekte waren so reizvoll, dass die Braunschweiger auch nachts nicht nach Hause fuhren, sondern die Unterbringung in einer Wohnung der DSTATION vorzogen. „Wir bleiben lieber am Ball und bringen hier unser Ding voran.“
Ähnlich groß war die Zustimmung der beiden Gründer Sascha Beil (Braunschweig) und Yann Hasselbach (Wittmar). Das Duo ist – jeder für sich – schon auf ähnlichen Gebieten selbständig. Hasselbach betreibt die Assewirtschaft und geht darüber hinaus seiner Profession nach, Cidre und Kirschwein durch die Produktion ohne Zusatzstoffe populär zu machen – mittlerweile bietet er auch Ingwerlikör und Apfel-Rhabarbersaft an. Beil betreibt schon jetzt das rollende Mostwerk Most Wanted, in dem jeder aus seinem Obst Saft pressen kann.
Die gemeinsame neue Idee: „Wir planen eine stationäre Anlage, um große Mengen zum Beispiel von allen Streuobstwiesen der Region verarbeiten zu können“, erklärt Hasselbach. Dafür seien allerdings Investitionen nötig, Most Wanted braucht eine Halle sowie leistungsfähige Anlagen zur Pressung, Abfüllung, Etikettierung.
Ein Kontakt zur Arbeitsgemeinschaft Streuobst wurde kürzlich geknüpft. „Wir haben sogar schon das Interesse von Berliner Szene-Clubs an unserem Ingwer-Likör geweckt“, freut sich der Wirt, bei dem nach eigenen Angaben bislang rund 40.000 Liter Saft und 10.000 Flaschen Cidre pro Jahr verarbeitet werden. Für das neue Großprojekt sucht das Duo zudem Obst-Lieferanten. Wer etwas anbieten möchte, melde sich bei Hasselbach unter 0176/32 75 78 73.
Das Camp in Schöppenstedt lobten die beiden sehr. „Für uns war natürlich der Workshop zu Fördertöpfen besonders interessant“, berichtete Sascha Beil. Auch der Austausch mit den anderen Jungunternehmern sei hilfreich gewesen. „Ganz neu war für uns das Thema Pitch-Training“, erzählte er von der Vorbereitung eines Kurzauftritts vor Sponsoren. „Man hat dann zehn Minuten, um sein Projekt vorzustellen. Da musst du abliefern, musst Rampensau sein – sonst gibt’s kein Geld.“
Die Wirtschaftsförderung im Landkreis Wolfenbüttel GmbH freut sich auf weitere interessierte Gründer, die auch nach Lab4Land die Angebote der Wirtschaftsförderung nutzen können. Zudem stellt die Wirtschaftsförderung ihr Netzwerk in die regionale Wirtschaft zur Verfügung: So lassen sich die ersten Pilotkunden oder auch ein Partner für die Produktion eines ersten Prototypen gewinnen. Die dafür notwendigen Kosten werden von Förderprogrammen getragen, die die Wirtschaftsförderung einwirbt. Kontakt: 05336/850 34 440 oder per Mail: info@wirtschaftsfoerderung-lkwf.de