Wie Kultur in Orten des ländlichen Raums Veränderung schaffen kann, und vor allem mit und von den Menschen vor Ort umgesetzt wird, wurde mit zwei Impulsen aus Wissenschaft und Kulturpraxis aufgezeigt.
Dr. Doreen Götzky, Museumsleiterin des Kreismuseums Peine, berichtete aus ihrer Arbeit als Kulturwissenschaftlerin. Auch sie berichtet in ihrem Vortrag, dass ein reichhaltiges Kultur- und Vereinsleben als Ausdruck einer stabilen Gemeinschaft Dörfer lebendig hält. Fehlten eine Identifikation mit dem Dorf – Stichwort Schlafdörfer – und auch wichtige Infrastruktur, könne Kultur allein diese Dörfer nicht retten.
Kulturprojekte benötigen einige Voraussetzungen, wenn sie lange und nachhaltig wirken sollen. Vor allem seien sie Beziehungsarbeit – es gelte, die Menschen vor Ort mitzunehmen, Vereine oder Feuerwehren einzubinden, und ihnen Gestaltungsräume aufzuzeigen. Für den Erfolg brauche es einen starken regionalen Bezug, also keine von außen angetragenen Projekte, und vor allem Menschen, die als „Kümmerer“ die Arbeit vorantreiben. Diese Funktion einer zentralen Anlaufstelle sei nicht allein ehrenamtlich zu leisten: „Das Ehrenamt braucht das Hauptamt“, so Götzky.
In einem anschließenden, von Saskia Hoog moderierten, Gespräch mit Doreen Götzky und Professorin Dr. Vanessa-Isabelle Reinwand-Weiss, Direktorin der Bundesakademie für Kulturelle Bildung in Wolfenbüttel, wurde erörtert, was aktivierende Kulturarbeit in ländlichen Räumen bewirken kann.
Reinwand-Weiss betonte, dass die Bundesakademie über ihre Angebote Menschen dazu befähige, Kulturarbeit zu gestalten und in die Dörfer zu bringen. Wichtig sei es, in Menschen und Brückenbauer zu investieren, um Kulturprojekte vor Ort zu unterstützen – am besten durch hauptamtliche Kümmerer und Netzwerker. Dafür sollte mehr Geld bereitstehen.
Götzky betonte, dass Fördermittelberatung auf kommunaler Ebene wichtig sei, Interessierte müssten wissen, welche Förderungen es gibt und wo man sie abrufen kann. Auch sie sprach sich dafür aus, Kommunen finanziell zu stärken, damit sie ihre Aufgaben, auch in der Kulturarbeit, aktiv wahrnehmen können.
Ein Beispiel aus der Praxis im Peiner Land gab Sven Rohde. 2021 gründete er mit anderen den wow!CLUB in Ilsede. Ende August werde das dreijährige Jubiläum gefeiert. In der Zeit sei bereits viel passiert und der Verein in seiner Mitgliederzahl gewachsen. Der Verein setze auf eine emotionale Ansprache, auch über Social Media, und setze Kulturprojekte um, die sich mit dem Begriff der Heimat auseinandersetzen. Orte und Emotionen gehören zusammen, so Rohde. So geht der Verein der Geschichte Ilsedes als ehemaligen Stahlstandort nach, ein Wasserturm der alten Hütte etwa wird als Kulturort bespielt.
Für den künstlerischen Impuls sorgte die Musikerin und Theaterregisseurin Bernadette La Hengst, die von eigenen Kulturprojekten im ländlichen Raum berichtete, die trotz Strukturwandel, Abwanderung und Leerstand gemeinsam mit den Menschen vor Ort positive Impulse durch Musik setzen. Zwei Beispiele, die im Rahmen solcher Projekte entstanden sind, konnte das Publikum live erleben.
Aufgrund der positiven Rückmeldungen auf die 4. Lucklumer Gespräche bietet die Servicestelle Kultur am Abend des 29. August 2024 an, gemeinsam mit kulturinteressierten und engagierten Menschen auf „Klassenfahrt“ zu gehen. Ziel ist der neue Erlebnisspeicher in Hofschwicheldt bei Peine, wo zusammen mit dem wow!CLUB e.V. dessen dreijähriges Jubiläum gefeiert wird. Die Platzanzahl ist begrenzt. Die Teilnahme an der Fahrt ist kostenfrei, die Anmeldung zur Busfahrt unter:
Titelfoto: Rund 80 Gäste – Kulturschaffende, Kulturinteressierte, Akteurinnen und Akteure aus Wissenschaft, Verwaltung, Wirtschaftsförderung, Stiftungslandschaft, Haupt- und Ehrenamt – nahmen an den 4. Lucklumer Gesprächen am 7. August 2024 auf dem Rittergut Lucklum teil. Bildnachweis: T. Knüppel/Landkreis Wolfenbüttel