Podiumsdiskussion macht Herausforderungen deutlich

Wie gelingt ein gutes Leben mit Behinderung? Unter diesem Titel hatten die Grünen zu einer Diskussionsveranstaltung in die Kommisse eingeladen um die verschiedenen Themen und Fragestellungen rund um „ein gutes Leben mit Behinderung“ zu diskutieren. Von Inklusion oder Exklusion über Arbeitsangebote und Unterstützung im Beruf bis hin zu barrierefreiem Wohnraum, Finanzierung, Freizeitgestaltung, Sport, schulischer Bildung, Gesetze und Rechte sowie gesellschaftlichen Herausforderungen, es wurden viele Aspekte angesprochen.

Das Podium war neben der grünen Europaabgeordneten Katrin Langensiepen mit sachkundigen Gästen besetzt: Steffi Elina Bischoff von der Freiwilligenagentur, Andree Dube vom Blinden- und Sehbehindertenverband, Marcus Eckhoff als Geschäftsführer von Wohnen und Betreuen der Stiftung Neuerkerode, Maximilian Pink als Geschäftsführer von DRK-inkluzivo, Thomas Sodomann als Vorsitzender des Niedersächsischen Instituts für die Gesellschaft Gehörloser und Gebärdensprache, Thomas Strube vom Beirat für Menschen mit Behinderungen im Landkreis Wolfenbüttel und Parasportler, Diana Wittig als Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie und die Geschäftsführerin von La Vie Reha Corinna Wollenhaupt.

Mit diesen neun Personen war ein breites Spektrum an Experten und Expertinnen geladen, die die verschiedenen Aspekte und Fragestellungen rund um „ein gutes Leben mit Behinderung“ diskutierten. Die Veranstaltung bot die Möglichkeit, verschiedene Perspektiven und Erfahrungen zu teilen und die Herausforderungen zu diskutieren. Von einer barrierefreien Gesellschaft, so die einhellige Auffassung, sei man noch meilenweit entfernt. So sei es selbst bei der Bahn nicht möglich mit einer größeren Gruppe von Rollstuhlfahrern zu reisen, da die Bahn nicht in ausreichender Anzahl entsprechende Plätze zur Verfügung hat, berichtete Maximilian Pink.

„Wir müssen uns als Gesellschaft fragen, wieviel Inklusion wir uns leisten wollen!“, sagte Marcus Eckhoff mit Blick auf die aktuelle Haushaltsdebatte im Bund. Es würde über Rüstungsausgaben und Entlastung der Wirtschaft diskutiert, die Sozialausgaben stünden zur Zeit nicht im Fokus, stellte Eckhoff fest. „Um legitime Forderungen durchzusetzen müssen wir lauter werden! Wir sind zu leise und zurückhaltend!“ so Eckhoff. Auch Thomas Sodomann wies auf die finanzielle Lage hin, insbesondere die kleineren Organisationen würden gegenüber den großen Verbänden deutlich benachteiligt. So wurde beispielsweise die finanzielle Förderung für die EUTB-Beratung durch den NIGGGS gestrichen und den „größeren Verbänden“ zugeteilt.

Die Frage „Warum ist die Position des Behindertenbeauftragten ein Ehrenamt?“ aus dem Publikum ging in eine ähnliche Richtung.„Ohne das Ehrenamt“, so Steffi Elina Bischoff „wären sehr viele Angebote überhaupt nicht möglich! Wir sind sehr glücklich über das ehrenamtliche Engagement, das für die Meisten eine Herzensangelegenheit ist. Aber das Ehrenamt kann nicht ohne Hauptamt funktionieren. Unterstützung seitens hauptberuflicher Mitarbeiterinnen ist Basis der ehrenamtlichen Arbeit.“ Als Vorsitzender des Beirats für Menschen mit Behinderungen im Landkreis Wolfenbüttel, ebenfalls ein Ehrenamt, machte Thomas Strube deutlich, dass hier hauptamtliche Strukturen das Ziel sein müssen. Inklusion dürfe nicht wie eine freiwillige Leistung behandelt werden, sondern müsse als grundsätzliche Aufgabe in den Verwaltungsstrukturen etabliert werden. Außerdem müssten Verwaltungsmitarbeitenden über gängige Themen im Bereich der Behindertenpolitik informiert und auskunftsfähig sein, forderte Strube.

„Es ist wichtig, dass alle Menschen die gleichen Chancen und Möglichkeiten haben, unabhängig von ihren individuellen Fähigkeiten. Dafür kämpfe ich im Europaparlament. Durch offene Diskussionen wie diese können wir gemeinsam daran arbeiten, Inklusion als gesellschaftlichen Grundsatz zu etablieren und ein gutes Leben für alle zu ermöglichen. Aber Gerechtigkeit und ein soziales Europa sichern wir nur mit demokratischen Strukturen. Geben künftig rechtsextreme Kräfte im europäischen Parlament den Ton an oder Demokratinnen und Demokraten? Darum geht es am 9. Juni!“, betonte Katrin Langensiepen.