Drei neue BLIK-Schilder zur Braunschweiger Landwehr

254

Mit Mitteln aus der Schwabe-Stiftung Kuchelberg konnten drei weitere BLIK-
Schilder (BLIK = Braunschweiger Leit- und Informationssystem für Kultur) zur
Braunschweiger Landwehr aufgestellt werden. Die neuen Standorte befinden sich
am Ölper Holz, am Lammer- und am Broizemer Holz.

Zur Geschichte

Im späten Mittelalter kühlten sich die Temperaturen nach der mittelalterlichen Warmzeit
(900 bis 1.300 n.Chr.) ab. Das 14. Jahrhundert war außerdem gekennzeichnet von sehr
starken Regenfälle.
Da gab es z.B. im Sommer 1342 das große Magdelenen Hochwasser, dessen
Pegelstände in Hann. Münden oder in Würzburg bis heute unerreicht blieben.
Am 16. Januar 1362 veränderte die Zweite Marcellusflut, auch bekannt als die Grote
Mandrenke den gesamten Küstenverlauf der Nordseeküste Schleswig Holsteins.
Zehntausende Menschen kamen ums Leben, riesige Landflächen gingen verloren, und
mit Rungholt versank einer der wichtigsten norddeutschen Handelsorte in den Fluten.
Auch in unserer Region litt vor allem die Landbevölkerung unter diesen Zuständen, da
sie durch Missernten zunehmend verarmte. Einige Landesfürsten begannen daraufhin
Raubzüge zu planen, um andere Dörfer zu überfallen.
Da kamen z.B. 1382 Jan und Bertfeld von Oberg und ihre Helfer über Woltorf, Zweidorf,
Leiferde, Veltenhof und Ölper mit „rove unde brande“. Sie drangen in die Dörfer ein,
raubten das Vieh, sie nahmen das gesamte Hab und Gut, steckten die Häuser in Brand
und jeder konnte froh sein, wenn er mit dem Leben davon kam.
Auf den Handelsstraßen wurden die Wagenzüge der Kaufleute überfallen und auch vor
den Toren Braunschweigs war man sich vor Raub und Mord nicht mehr sicher.

Planung und Bau der Landwehr

Um diesen Zuständen ein Ende zu setzen und um die Zivilbevölkerung zu schützen,
beschloss der Rat der Stadt Braunschweig im Jahre 1376 den Bau der Landwehr.
Geplant und gebaut wurde eine Wallanlage im Abstand von ca. fünf Kilometern zum
Stadtkern, bestehend aus zwei parallelen Erdwällen und drei Gräben. Dort, wo die
Straßen die Landwehr kreuzten, wurden Wachtürme aufgestellt.
Das Wachpersonal stand dabei in Sicht- und Hörkontakt mit den Wächtern auf der
Katharinen- und Martinikirche. Bei Gefahr wurde in der Stadt Sturm geläutet und eine
Schutztruppe von der Stadtmauer in den gefährdeten Bereich ausgesendet.
Durch diese Maßnahmen wurde der innere Bereich gut gesichert. Dies ging aber zu
Lasten der kleinen Dörfer außerhalb der Landwehr. Sie fielen den Überfällen umso mehr
zum Opfer.


Die Entstehung der Zollstationen

Man merkte sehr schnell, dass neben den Bauern und Anwohnern auch der gesamte
Warenverkehr von und nach Braunschweig die Schlagbäume an den Wehrtürmen
passieren musste und es sich hier anbot, Wegzoll zu kassieren.
So entstanden die Zollstationen an den sieben Türmen der Landwehr.
 Wendenturm
 Ölper Turm
 Raffturm
 Rothenburger Bergfried
 Rüninger Turm
 Schöppenstedter Turm
 Gliesmaroder Thurm
Alle Stationen bekamen Gastronomie, Schlafmöglichkeiten für die Reisenden und für die
Unterbringung der Zugtiere jeweils einen eigenen Pferdestall. Auf diese Weise erhielt
dieses große, als Schutzanlage gedachte Bauwerk, eine noch größere wirtschaftliche
Bedeutung.

Der Schutzwall um Braunschweig war nahezu undurchdringlich.

Der Bau der ca. 28 Kilometer langen Landwehr war 1393 abgeschlossen. Im Norden, im
Bereich Wendenturm bzw. zwischen Ölper und Broizem, bestand sie aus drei Gräben
und zwei Wällen. Im Osten wurden die Wabe und die Mittelriede mit einbezogen.
Bei der Betrachtung des Schnittbildes wird deutlich, dass das Material, welches unten
durch den Bau der Gräben fehlte, oben auf den Wällen abgelagert wurde. Auf diese
Weise musste kein neues Material herbeigeschafft werden. Vermutlich wurde der sogar
kostbare Mutterboden vor Baubeginn bei Seite geschafft und kam nach dem Aushub der
Gräben ebenfalls auf die Wälle.
Die Hauptbepflanzung der Wälle waren Hainbuchen. Die Äste der jungen Bäume
wurden mit dem Beil von unten angeschlagen und anschließend heruntergebogen
(gebeugt). Diese wurden mit Haselnuss-Sträuchern verflochten und mit dornigen
Brombeeren kombiniert. Auf diese Weise entstand eine Hecke (Gebück), die für Mensch
und Tier undurchdringlich wurde. Bei näherer Betrachtung fällt auf, dass alle Pflanzen
auf der Landwehr essbare Früchte tragen und wie klug sie ausgewählt wurden. Neben
dem Ölper Holz ist die Landwehr auch im Lammer Holz und in den Wäldern von
Mascherode noch gut sichtbar. Haselnuss-Sträucher und Brombeeren braucht man an
diesen Stellen nicht lange zu suchen und je mehr Abschnitte man sich anschaut, desto
klarer wird, dass sie ein Teil der ursprünglichen Bepflanzung gewesen sein mussten.
Junge Hainbuchen ersetzten im Laufe der Jahre das alte, knochige Gebück. Sie
konnten ungehindert in die Höhe wachsen und sind heute vom normalen Wald nicht
mehr zu unterscheiden.
Auch wenn die Landwehr in unseren Wäldern heute nicht mehr so aussieht wie
ursprünglich, so wurde sie dort doch mit Abstand am besten bewahrt und konserviert.
Nur dort findet man noch erhaltene Abschnitte. Auf freiem Feld wurde sie ausnahmslos
begradigt und zerstört.

Stefan Holland, Ortsheimatpfleger von Ölper