Harald Koch in Weddel und Umgebung vorzustellen, ist das nicht Eulen nach Athen tragen? Vielleicht, aber wer weiß schon, dass er momentan der am längsten amtierende Ortsbürgermeister unserer Gemeinde ist?

Seit 22 Jahren regiert er in Weddel und nach seinem größten Erfolg befragt, muss er nicht lange überlegen: „Netto!“ Sofort räumt er ein, dass die Ansiedlung eines Supermarkts Teamwork und nicht seine alleinige Leistung gewesen war, aber es geschah während seiner Amtszeit und er ist nach wie vor stolz darauf. Bevor er in bewährter Politiker-Manier weitere Erfolge verkünden kann, konfrontiere ich ihn mit der Frage, was denn seine größte Niederlage gewesen sei.

„Wieder Netto!“ Er lehnt sich kopfschüttelnd zurück. „Ich war damals nicht nur Ortsbürgermeister, sondern auch Vorsitzender vom Bauausschuss und es ist mir nicht gelungen, dieses amerikanische Flachdach zu verhindern, das überhaupt nicht in unser Dorf passt.“ Jedes Mal, wenn er dort vorbeifährt, wurmt ihn das aufs Neue.

Woher denn sein Interesse an der Schauspielerei kommt? Dass er Hobbyschauspieler ist, muss an dieser Stelle ebenfalls nicht als Neuigkeit erwähnt werden, denn das wäre Sand in die Wüste tragen (um nicht nochmals die Eulen in Athen bemühen zu müssen).

Das habe sehr früh begonnen, bereits beim VFR Weddel hatten sie gelegentlich Sketsche gespielt und Erich Wiggert war auch damals schon mit von der Partie gewesen. Als dann nach Gründung des Heimatvereins Heinz Stolle hinzukam, nahm die Sache Fahrt auf und seitdem ist unser Ortsbürgermeister bei den Aufführungen dabei, hat sich sogar in einer Inszenierung von einer Domina auspeitschen lassen.

Harald Koch in „Der keusche Lebemann“

Mein Blick fällt auf das vor uns auf dem Tisch stehende halbfertige Schiffsmodell aus legoartigen Plastiksteinen. Wer seiner Kinder oder Enkel mag sich hier entfalten?

Weit gefehlt! Harald persönlich „puzzelt“ zur Entspannung. Er bedauert, dass er ein spanisches und kein englisches Schiff nachbaut, denn gern liest er Bücher über englische Seehelden zur Zeit Napoleons.

Ach ja, ein Elvis-Bild hatte er auch schon zusammengebaut, er ist nämlich auch noch Rockmusik-Fan, zu seinen Favoriten gehören außer Elvis auch Brian Adams und Stefan Waggershausen.

Als wir für ein Foto in sein Arbeitszimmer gehen, sehe ich mehrere Musikinstrumente.

„Du spielst Gitarre?“

„Schreib das ja nicht!“ Er wird energisch. „Ich übe Gitarre.“

Abschließend möchte ich noch wissen, ob er denn noch Kontakt zu seiner ehemaligen Arbeitgeberhabe. Bevor Harald Koch vor 16 Jahren pensioniert wurde, war er bei VW Chef der Personalkoordination für Forschung und Entwicklung.

Ja, ab und an habe er noch Kontakt und sofort will ich wissen, was er von Elektroautos hält.

„Ich liebe E-Autos!“ Die Begeisterung ist ihm anzumerken. „Ich fahre ja auch selber eins!“

Als wir uns verabschieden, bittet er mich darum, unbedingt noch zu erwähnen, dass er ein volksnaher Ortsbürgermeister sei, der regelmässig am Stammtisch im Weddeler Hof und gelegentlich beim Kartenspielen im Dorfgemeinschaftshaus anzutreffen sei. Bei diesen Gelegenheiten habe er auch ein offenes Ohr für Probleme, Fragen und Anregungen.

Sein Gitarreüben beschäftigt mich immer noch, denn er tut dies schon seit Jahrzehnten. Vielleicht muss er ja zur nächsten Theater-Aufführung des Heimatvereins endlich Gitarre spielen?