Starker Aufschlag bei Lavie wird Folgen haben

Organisatoren der Fachtagungen planen weitere Veranstaltungen dieser Art. Jeder Mensch hat psychosoziale Grundbedürfnisse.

Königslutter. Drei ausgebuchte Tagungen, viel Applaus von den Gästen und jede Menge Wissenstransfer: Die Veranstaltungsreihe zu psychosozialen Grundbedürfnissen sorgte bei den Organisatoren für eitel Sonnenschein. Gemeinsam hatten sich die Lavie Reha gGmbH (Königslutter) sowie die Vereine Der Weg (Braunschweig) und Axon (Königslutter) mit den Teilnehmenden intensiv über die Themen Wohnen, Gesundheit und Arbeit auseinandergesetzt.

„Wir können sehr zufrieden mit der Tagungsreihe sein“, unterstrich Corinna Wollenhaupt, die Lavie-Geschäftsführerin. Alle Termine seien schnell ausgebucht worden, viele unterschiedliche Akteure kamen zusammen. „Ich bin regelrecht beglückt über den Austausch auf Augenhöhe, den ich an allen drei Tagen erlebt habe.“ Vor allem sei ihr stets wichtig gewesen, dass Menschen mit Psychiatrie-Erfahrungen einbezogen wurden. „Das ist gelungen und ich kann sagen: Viele der Beiträge und Diskussionen inspirieren uns für weitere Tagungen.“

Gerade das Abschlusstreffen in der Lavie-Cafeteria passte perfekt zu ihrer gGmbH, denn es ging um das Thema ,Arbeit‘. „Genau das ist seit mehr als 30 Jahren unser Schwerpunkt, und das große Interesse an diesem Termin zeigt uns, wie intensiv sich auch die Gesellschaft damit beschäftigt.“ Für die Lavie Reha, die sich um rund 200 psychisch erkrankte junge Menschen kümmert, bedeute der Wandel der Arbeitswelt eine stete Veränderung – „vor allem aber stehen wir immer wieder vor neuen Herausforderungen“.

Auf eine „Schatzsuche“ lud Dörte Maack die Gäste ein. Die (im Übrigen blinde) Moderatorin des Tages forderte alle auf, gemeinsam zu erkunden, wo sich Hürden verstecken, wo man Arbeitgebern helfen könne und wo beraten. „Der Schatz, den wir suchen, ist so groß für Millionen Menschen.“ Das Tagungsthema betreffe keineswegs nur bereits erkrankte Personen. Es gehe um Integration, aber auch Prävention. „Das betrifft uns alle – jeder hat psychosoziale Grundbedürfnisse.“

Königslutters Bürgermeister Alexander Hoppe hob diesen Aspekt in seinem Grußwort ebenfalls hervor. „Als Gesellschaft müssen wir uns vermehrt Gedanken machen, wie wir Menschen mit Beeinträchtigungen den Weg zurück in die Arbeit erleichtern.“ Dabei dürfe es kein Handicap sein, dass mancher nicht hundertprozentig arbeitsfähig sei. „Ich freue mich, dass unsere Stadt in den vergangenen Jahren gemeinsam mit der Lavie Reha eine Reihe von Projekten mit genau diesem Ziel auf den Weg gebracht hat.“

Im Anschluss machten sich die Gäste in Kleingruppen auf einen Weg durch das Haus, um sich von der Lavie-Vielfalt zu überzeugen. An zwölf Stationen durften sie ausprobieren, was sonst junge Menschen fit macht für den Arbeitsmarkt. Heiko Kowski erklärte zum Beispiel in der Tischlerei den Umgang mit der Japan-Säge, Marcel Keller forderte Neugierige auf, Servietten zu Schiffchen zu falten – mit Segel. Musiktherapeut Thomas Grove legte seine Gäste im ,Einklang‘-Raum erstmal auf den Rücken und verdeutlichte, warum Entspannung für gestresste Menschen unabdingbar ist bei weiterem Lernen und Arbeiten. Alexander Faflik regte die Gruppen zur Selbstreflexion an und zu Selbstvertrauen: Vor einem Spiegel fand sich jeder als möglicher ,Bestseller‘ wieder.

Jede einzelne Station wäre eine Geschichte wert, und so lobten die Gäste anschließend den ganzheitlichen Ansatz von Lavie. Beeindruckt waren sie auch von den jungen Teilnehmenden, die ihren Besucherinnen und Besuchern immer wieder Mut machten, etwas auszuprobieren. „Da kam Begeisterung rüber“, kommentierte eine Stimme. „Offenbar sind diese jungen Menschen hier zu Beginn auch überzeugend motiviert worden.“

Eine Podiumsdiskussion beschäftigte sich mit der Frage „Arbeit & psychisch krank: Wo sind Chancen, Möglichkeiten und innovative Konzepte?“ Dabei wurde schnell klar: Man darf bei der Arbeit alles machen, nur kaputt machen darf man sich nicht. „Wir haben in der Diskussion gemerkt, dass die Einrichtungen der Kostenträger durchaus bemüht sind, inklusive Arbeitsmöglichkeiten zu schaffen“, betonte Corinna Wollenhaupt. Gleichwohl sei noch ein langer Weg zu gehen. „Viele Firmen sind auch dauerhaft auf Unterstützung angewiesen, um ihre Angebote verwirklichen zu können.“

Nach zwei weiteren Fachvorträgen zeigte sich auch Elisabeth Viedt rundum zufrieden mit dem Auflauf. Sie hatte als axon-Mitarbeiterin die Fachtagungen organisiert und sprach von „drei richtig erfolgreichen Tagen“. „Gerade die Perspektive der Betroffenen zu hören, aber auch Projekte mit großem Praxisbezug wie an der Medizinischen Hochschule Hannover haben mich wirklich begeistert – und unsere Gäste offenbar auch.“ Wichtig sei nun, den Austausch zwischen Kostenträgern und Leistungsanbietern nicht abreißen zu lassen.

Damit war sie sich mit Corinna Wollenhaupt einig, die mit ihren Mitarbeitenden bald in die Planung weiterer Veranstaltungen einsteigen will. „Denn eines darf man bei aller Begeisterung jetzt nicht vergessen: Psychische Erkrankungen belegen in Niedersachsen nach Problemen mit dem Muskel-Skelett-Apparat und Atemweg-Erkrankungen Platz drei in der Krankheitsstatistik. Eine wirksame Prävention wäre daher unheimlich wichtig – für die Menschen und für die Wirtschaft.“

Titelfoto: Vorfreude auf die dritte Fachtagung in der Lavie-Cafeteria bei (von links) Königslutters Bürgermeister Alexander Hoppe, Lavie-Geschäftsführerin Corinna Wollenhaupt, Referent Ulf Steinmann (Geschäftsführer Agentur für Arbeit Helmstedt) und Elisabeth Viedt, Organisatorin der gesamten Tagungsreihe.  Foto: Regio-Press

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