Ein Beitrag von Dr. Diethelm Krause-Hotopp:
Am 20. November 1945 begann in Nürnberg der erste von dreizehn Nürnberger Prozessen gegen die Hauptkriegsverbrecher des Nazi-Staates. Er wurde gegen 24 Angeklagte geführt und endete am 01. Oktober 1946 mit zwölf Todesurteilen, sieben Freiheitsstrafen und drei Freisprüchen – zwei Angeklagte (u.a. Hermann Göring) hatten Suizid begangen.
Ein zentraler Anklagepunkt lautete: Verbrechen gegen die Menschlichkeit – darunter fiel die Ermordung, Ausrottung, Versklavung und Deportation u.a. gegen Andersdenkende, jüdische Mitmenschen und die Zivilbevölkerung.
Das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz wurde weltweit zum Symbol des nationalsozialistischen Völkermords. Im Folgenden ein Bericht über den Besuch in Auschwitz von Karin Hotopp und Diethelm Krause-Hotopp
„Dem Vergessen begegnen“
Das Vernichtungslager Auschwitz / Birkenau
Jüngst führte die christlich-jüdische Gesellschaft in Braunschweig eine Fahrt nach Auschwitz durch. Zwischenaufenthalte gab es in Wroclaw, das vielen noch als Breslau bekannt ist, Krakòw (Krakau) und auf der Rückfahrt in Bautzen. Hier wurden jeweils interessante Stadtführungen durchgeführt. Krakau (ca. 800 000 Einwohner) präsentierte sich mit seinen über 100.000 Studierenden als eine sehr junge und lebendige Stadt.
Unsere Fahrt ging auch durch das ehemalige Krakauer Ghetto (1941-1943) mit Stopp am „Denkmal der leeren Stühle“ – sehr eindrucksvoll. Sie erinnern an die verschleppten und ermordeten jüdischen Bewohner Krakaus. Zu Krakau gehört auch die Geschichte von Oskar Schindler, der ca. 1.200 jüdische ZwangsarbeiterInnen vor der Ermordung rettete.
Seit 1978 steht Krakau auf der Liste des UNESCO-Welterbes und seit 2013 ist es UNESCO-Literaturstadt – ein Besuch ist sehr zu empfehlen.
Am dritten Tag unserer Fahrt fuhren wir dann nach Oswiecim/Auschwitz. Was wird uns erwarten? Je näher wir dem Ort kamen, desto ruhiger wurde es im Bus. Unsere Führung begann im Stammlager Auschwitz I (Mai 1940-Januar 1945). Hier war das Verwaltungszentrum des gesamten Komplexes (Auschwitz II=Birkenau, Auschwitz III=IG-Farben/Buna-Werke) – außerdem gab es noch 47 Nebenlager. Die verkehrstechnisch günstige Lage sowie die Nähe zu Sand- und Kiesgruben gaben den Ausschlag für diesen Standort. Wir betraten das Lager durch das Tor mit der zynischen Überschrift „Arbeit macht frei“. Die gut erhaltenen Gebäude waren ursprünglich Kasernen der polnischen Armee. Heute befinden sich in einigen Gebäuden akribisch sortierte Besitztümer ermordeter Menschen: u.a. Brillen, Schuhe, Haare, Koffer, Kinderwagen.
Im Kellergeschoss des Todesblocks (Block 11) sind verschiedene Zellen zu sehen, in denen Menschen zu Strafmaßnahmen eingesperrt und gefoltert wurden. Im Stehbunker, kaum ein Quadratmeter groß, mussten bis zu vier Gefangene bis zu sieben Tage stehen. In diesem Gebäude befand sich auch der Hungerbunker, in dem Pater Kolbe für einen anderen Gefangenen die Strafe von 14 Tagen auf sich nahm, diese Tage überlebte und anschließend trotzdem getötet wurde.
Wir sahen auch die „Schwarze Wand“, zwischen den Blöcken 11 und 10, vor der tausende von unschuldigen Menschen per Genickschuss ermordet wurden.
Am Rand des Lagers kamen wir an einem Gerüst/Galgen vorbei, an dem der Lagerleiter Rudolf Höß am 16. April 1947, vor seiner ehemaligen Residenz mit Blick auf das Lager, nach einem Prozess vor einem polnischen Gericht verurteilt und gehängt wurde.
Zum Abschluss im Stammlager I wurde uns die noch erhaltene erste Gaskammer mit Verbrennungsanlage gezeigt. Dort durchzugehen war für alle nicht ganz einfach, jeder hing seinen Gedanken nach. Die Öfen lieferte übrigens die Firma „Topf und Söhne“ aus Erfurt (https://www.topfundsoehne.de/ts/de/index.html) – dort gibt es auch eine Ausstellung zur Geschichte der Firma.
Mit dem Bus fuhren wir dann zum Lager Auschwitz II = Birkenau, ca. 3 km entfernt. Hier setzten wir unsere Führung über das riesige Gelände fort – es beträgt 171 ha und hatte insgesamt ca. 300 Lagerbaracken. Im Oktober 1941 begann der Bau des Lagers. Ursprünglich als Kriegsgefangenenlager geplant, wurde es zum größten Vernichtungslager, in dem ca. 1,1-1,3 Mio. Menschen, überwiegend Juden, ermordet wurden.
Entlang der Bahngleise gingen wir durch das Tor zur „Rampe“. Dort fand die Selektion statt: für einen Teil der Gefangenen ging es gleich in die Gaskammer, die anderen mussten bis zur Erschöpfung/Tod arbeiten. Verschiedene Stationen besichtigten wir auf unserem Rundgang durch das Lager: Endladerampe mit Waggon, zwei von den Nazis kurz vor der Befreiung gesprengte Gaskammern/Krematorien, Mahnmal für die Ermordeten, den Tümpel, in dem die Asche der Ermordeten gestreut wurde und eine erhaltene Frauenbaracke.
Der Besuch des Vernichtungslagers Auschwitz wird uns alle gedanklich noch weiterhin beschäftigen. Die fabrikmäßige Vernichtung von Menschen stellt einen bisher einmaligen Vorgang in der Geschichte dar, die – es ist kaum zu glauben – in der Gegenwart von rechtsradikalen Menschen verharmlost oder sogar geleugnet wird. So schön Bautzen auch war, beim Durchgehen mussten wir daran denken, dass bei der Bundestagswahl 2025 hier 43% die in Sachsen als vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch eingestufte AfD gewählt hatten. Lasst uns alle wachsam sein und unsere Demokratie verteidigen. Rechtsradikale Kräfte dürfen bei uns niemals mehr Macht erhalten.







