Reiner Scheuner hat schon mit vielen Sterne-Köchen gearbeitet. Nun ist er verantwortlich im Café an der alten Stadtmauer.
Königslutter. Sein Weg zur Arbeit ist jetzt 30 Meter kürzer. Doch das ist natürlich nicht der Grund, warum Reiner Scheuner seine Tätigkeit als Chefkoch im Alten Brauhaus beendet und im benachbarten ,Café C’est Lavie‘ begonnen hat. „Ich wollte einfach mal was Neues machen“, erklärt der 42-Jährige. „Und ich wollte raus aus der Abendgastronomie.“
Denn die hat der gebürtige Lutteraner schon viele Jahre hinter sich. Nach seiner Lehre im Landeskrankenhaus pilgerte er zu den ganz Großen seiner Zunft. Er kochte (und lernte) bei Matthias Ludwig, bei Jens Dannenfeld in Braunschweig und bei Eckart Witzigmann in Berlin. Seit seiner Zeit in Köln (,TörtchenTörtchen‘) galt Reiner Scheuner als herausragender Patissier, und als solcher war er schließlich noch ein paar Jahre für New Yorker bei Take C’Air (Flughafen Braunschweig) beschäftigt. „Die Mischung macht’s“, sagt er rückblickend über seine Wanderjahre. Zufriedenheit und Stolz sind ihm anzumerken, wenn er von der Arbeit an den Töpfen der verschiedenen Sterneköche erzählt.
2016 zog es ihn zurück in seine Heimatstadt, wo er gemeinsam mit Schwester Eva das Alte Brauhaus übernahm – von ihren Eltern, die noch immer die benachbarte Fleischerei betreiben. „Es war auch einfach mal schön, zu Fuß zur Arbeit zu gehen“, nennt er einen der Gründe für den Wechsel aus den Großstädten zurück in die Provinz. „Das ist ein Stück Lebensqualität.“ Immerhin hatte er mittlerweile Frau und Sohn – und ein zeitintensives Hobby: Triathlon.
Beidem kann er sich jetzt intensiver widmen, denn im Café C’est Lavie (Westernstraße 28a) erwarten ihn humane Arbeitszeiten. Und seine Lust auf Abwechslung dürfte an der alten Stadtmauer ebenfalls gestillt werden. Denn Reiner Scheuner leitet nicht nur die kleine Küche des inklusiven Lokals. Vielmehr ist er als Teamleiter tätig: Drei feste Kräfte und sechs wechselnde Rehabilitanden arbeiten dort für die Lave Reha gGmbH.
In diesen Zusammenhang passt ein Lob an seine Vorgängerin, Michaela Paulmann-Strutsch. Die bisherige Leiterin befindet sich mittlerweile im wohlverdienten Ruhestand. „Zwei Jahre lang hat sie sich mit großem Einsatz dem Aufbau des neuen Cafés gewidmet“, betont Lavie-Geschäftsführerin Corinna Wollenhaupt. „Und mit großem Erfolg. Wir sind ihr sehr dankbar.“
Reiner Scheuner hat mit den Menschen bei Lavie, die meist eine psychische Belastungsphase durchlaufen, schon im Alten Brauhaus gute Erfahrungen gemacht. „Über die Jahre hatten wir dort 14 oder 15 Rehabilitanden, die bei uns reingeschnuppert haben.“ Die seien natürlich unterschiedlich belastbar gewesen, aber immer ambitioniert. „Ich habe diese Einsatzstellen angeboten, weil es wichtig ist, den Menschen eine Arbeits- und Tagesstruktur zu geben und so Teilhabe zu ermöglichen.“ Einer jener Schnupperer erwies sich als derart talentiert, dass er sogar fest angestellt wurde. „Er ist jetzt mein Nachfolger dort – zu recht.“
Doch auch für Reiner Scheuner geht jetzt das Lernen wieder los: Er musste kurzfristig den Ausbilderschein machen, außerdem wartet auf ihn nun der Lehrgang zur Geprüften Fachkraft für Berufsförderung. „Das ist eine zweijährige Zusatzausbildung, die ich berufsbegleitend absolviere.“ Trotzdem hat er den Schritt ins Café nicht bereut. „Ich bin sehr glücklich und freue mich auf die neuen Herausforderungen.“ Viele Gespräche wird er führen müssen mit den Rehabilitanden. „Sie erwarten von mir ein fundiertes Feedback, denn unser Betrieb ist eine aLa-Einsatzstelle, also ein anderer Leistungsanbieter für Menschen mit Behinderung.“
Bei all dem soll aber seine kulinarische Qualifikation nicht hintanstehen. Die Café-Gäste dürfen gespannt sein auf saisonale Snacks und Quiche. Selbstredend denkt der Patissier auch schon an Törtchen und andere Leckereien. „Dieses Angebot dürfte einmalig sein in Lutter.“ Ansonsten werde die Speiseliste aber nur behutsam gedreht. „Wr haben viele Stammkunden, da kann ich nicht von heute auf morgen die gesamte Seisekarte umkrempeln.“
Und auch die Öffnungszeiten werden so beibehalten, denn sie haben sich bewährt und kommen der großen Lust der Lutteraner auf ein Lavie-Frühstück entgegen: Von Dienstag bis Freitag ist von 9 bis 18 Uhr geöffnet. Außerdem an jedem zweiten Samstag, und zwar immer in den ungeraden Wochen, von 9 bis 13 Uhr. Das nächste Mal also am 16. August.
Leckereien wie diese gibt es im Café an der alten Stadtmauer – sicherlich einmalig in Königslutter. Reiner Scheuner hat schon mit vielen Sterneköchen gearbeitet. Foto: Lavie
Titelfoto: Reiner Scheuner (rechts) mit einem Teil seines Teams vor dem Café C’est Lavie (von links): Lucja Bischoff, Pia Vester und Fabian Schauzu. Foto: Lavie